„Während
Madam Verona an jenem kalten Wintertag über die Fabel vom Eintritt ins Jenseits nachsann, lag zu ihren Füßen
ein anderes Tier, ein typischer Hofhund, wie ihn Renaissancemaler
oft verflucht hatten, weil die feine Farbschattierung des Fells die
Nachahmer der Natur an ihre Grenzen als Schöpfer verwies, und dessen
weit verbreitete Zucht Mitte des neunzehnten Jahrhunderts eingestellt
worden sein muss. Ein Prachttier mit Führungsqualitäten, durch und
durch gutmütig , doch schnell gequält von Langeweile. Sie hatte
gezögert, ihn bei sich aufzunehmen, angesichts ihres Alters. Doch
die wirklich unabweisbaren Bitten sind wortlos, sie stehen in den
Augen,
den melancholischen Blicken,
mit denen der fremde Vierbeiner
sie demütig angesehen und denen sie schließlich geantwortet hatte:
„Na gut, komm rein, fühl dich zu Hause, aber denk daran. Du wirst
mich überleben, gewöhn dich nicht zu sehr an mich.“
aus:
Dimitri Verhulst „Madame Verona steigt den Hügel herab“